Es geht weiter – geht es weiter?

Armando Schär Allgemein

Von heute auf Morgen wurde alles auf den Kopf gestellt. Nicht mehr rausgehen, keine Arbeit (vor Ort), Distanz um jeden Preis! Es herrscht Unsicherheit und Angst. Innerhalb weniger Wochen sind fast 2 Millionen Schweizerinnen und Schweizer für Kurzarbeit angemeldet.

Heute, wo langsam in Richtung Normalität zu denken ist, überlege ich mir, was wir aus dieser Krise mitnehmen können. Denn die letzten Wochen war ich beeindruckt, welche Agilität und Innovationsbereitschaft viele Unternehmungen, Schulen und Vereine in kürzester Zeit an den Tag legten!

Der Spruch

«Wer digitalisierte Ihr Unternehmen? Die CEO, der CIO oder Covid-19»

hallt mir immer wieder durch den Kopf. Braucht es tatsächlich die Krise, um erfinderisch zu werden?

Wo vorher praktisch ein Verbot von Home Office herrschte, weil «irgend ein unglaublich wichtiger Grund», wird urplötzlich von zu Hause aus gearbeitet. Kleinstunternehmen versuchen sich mit Online Shops und neuen Vertriebsmodellen (Heimlieferung, Versand und gemeinschaftliche Aktionen) und Schulen und Hochschulen stellen den Unterrichtsbetrieb per sofort für tausende Studierende auf Distance Learning um.

Die schiere Innovationskraft lässt mich staunen und beeindruckt! Was sollten wir also Positives aus dieser Phase mitnehmen? Und welche Fragen müssen wir uns jetzt für die Zukunft stellen?

Ein paar persönliche Feststellungen der letzten Wochen:

Eine Fehlerkultur hilft bei der Digitalisierung

«Weil wir eben halt müssen» wurden viele Unternehmen von heute auf morgen in eine Petrischale geworfen: Wir dürfen probieren, Fehler machen, denn jeder Effort in dieser schwierigen Situation wird geschätzt. Dank dieser Einstellung geht Digitalisierung und Innovation zwar nicht fehlerfrei, aber schnell und in vielen Iterationen vonstatten. Genau so und im Diskurs mit Kunden können wir auch künftig schneller und innovativer Vorankommen!

Hürden die eigentlich keine sind

Die Not deckt auf, wo wir uns selbst im Wege standen. Home Office zum Beispiel: Lange Pendelwege, Kinderbetreuung oder der Wunsch nach Teilzeitarbeit sind Probleme, die oft dazu führten, dass Frauen und Männer bei der Familienplanung aus dem Berufsleben ausscheiden. Es zeigt sich aber, dass Home Office in vielen Berufen eben doch möglich ist. Jetzt wo wir von zu Hause aus arbeiten müssen und alle diese Erfahrung gesammelt haben, müssen wir überlegen, ob wir zum Status Quo zurück wollen.

Kinderbetreuung

Wer Kinder hat, hat die letzten Wochen anders erlebt, als alle anderen. Persönlich lernte ich die Kinderbetreuung noch mehr schätzen. In unserem Fall vor allem die Kita und die Betreuung durch die Grosseltern. Viele Eltern wurden plötzlich zu Pädagogen erkoren und mussten sich statt mit der eigenen Arbeit, mit Homeschooling ihrer Kinder beschäftigen. Was wir in der Gesellschaft als selbstverständlich wahrnehmen, erkennen wir teilweise erst, wenn wir es plötzlich nicht mehr haben.

Meine persönlichen Learnings aus dieser Krise sind:

  • Viele Unternehmen können viel schneller, iterativer und agiler digital fit werden, als sie dachten. In der Krise wagen wir es neue Wege zu gehen.
  • Wir brauchen (noch viel mehr) Experten, die die Schweizer KMUs in der Digitalisierung unterstützen und anpacken können. Für eine professionelle Digitalisierung und sei es (nur) das Erstellen eines Online Shops, brauchen Unternehmen Unterstützung. Dies können sich aber viele nicht leisten.
  • Home Office: Jaja, das finden jetzt alle toll. Persönlich finde ich die Kombination von Home Office und Wegfall der externen Kinderbetreuung eine fast nicht zu vereinbare Kombination. Letztlich hat das bei uns Zeitweise dazu geführt, dass wir uns am Wochenende die Arbeitstage austauschen mussten, weil Betreuungstage unter der Woche wegfielen… Wir sollten auch bei Home Office jetzt nicht einfach schwarz-weiss malen, sondern genau reflektieren und die richtigen Erkenntnisse mitnehmen.

Fragen die ich mir stelle:

  • Brauchen wir die Krise um innovativ zu sein? Sind wir tatsächlich so bequem geworden?
  • Wie können wir diesen Restart nutzen, um unsere Wirtschaft nachhaltiger hochzufahren? Wie können wir diese Learnings nutzen um nicht in die nächster, klimagetriebene Krise zu schlittern?
  • Wie schaffen wir es das Gute der zusammengeschusterten Lösungen zu übernehmen, zu fixieren, zu etablieren?

Der Blick nach vorne

Jetzt müssen wir die Ärmel hochkrempeln und die Chancen, die sich ergeben nutzen! Neue Konzepte festigen, die Ausgangslage gut und schnell analysieren und die mit Elan und Tatendrang die Post-Corona Welt selbst gestalten. Dabei helfen politische Vorstösse wie die Digitalisierungsinitiative des Kantons Graubünden. Am Ende des Tages müssen wir die Herausforderungen aber selbst anpacken!

Das alles lässt sich von meiner Perspektive natürlich einfach schreiben, bin ich selbst doch noch angestellt, erhalte Lohn, kann die Überstunden abbauen und den Schlaf nachholen. Ich hoffe, dass all jene, die stärker betroffen sind, auch mit einer positiven Einstellung in die Zukunft blicken können und wünsche allen von Herzen viel Erfolg bei der Meisterung der anstehenden Herausforderungen und der Nutzung neuer Chancen!

Das sind ein paar Gedanken zum eben erlebten. Was sind eure Gedanken und Learnings? Worauf müssen wir jetzt beim Wiederaufbau unbedingt achten?

Originalartikel und Diskussion: https://www.linkedin.com/pulse/es-geht-weiter-armando-sch%C3%A4r/